Dies ist kein gewöhnlicher Blogartikel, ganz im Sinne dieser Kategorie. Nach meinem Auslandssemester, in dem ich durch die USA, Kanada, Mexiko und Brasilien gereist bin, ging es zurück nach Deutschland. Auf dem Rückflug von Brasilien ging mir einiges durch den Kopf. An diesen Gedanken möchte ich dich teilhaben lassen. Reisen fordert einen, doch oft im positiven Sinne. Du begibst dich in eine ganz andere Gedankenwelt als daheim und siehst Alltägliches in einem anderen Licht. Wie das bei mir aussieht, liest du hier.

Mit dem Flugzeug fliegen

Ich sitze endlich im Flugzeug zurück nach Deutschland, nachdem es mit dem ersten Flug einfach nur blöd gelaufen ist. Ich bin dankbar für alles, was ich in den letzten Monaten erleben konnte. Nicht viele haben die Möglichkeiten, die sich mir bieten. Ich schätze es sehr, dass ich mir die Welt anschauen kann und mehr über sie und ihre Bewohner lerne. Es ist unglaublich zu sehen, wie viel es auf unserer Erde gibt und wie viel Diversität. Alleine in 3 Monaten, in 2 verschiedenen Ländern hat sich mir so viel Vielfalt geboten.

Zeitgleich habe ich viele Menschen kennengelernt oder auf den Straßen gesehen, die nie ihr eigenes Land – manchmal gar ihren Geburtsort – verlassen haben. Darunter sind womöglich ein paar, denen das nichts ausmacht. Manche Menschen zieht es nicht hinaus in die Welt, sondern ihnen genügt ihre Heimat. Doch bei vielen hörte ich heraus, dass sie so gerne in die weite Welt gehen würden und andere Eindrücke sammeln wollten. Häufig mangelt es an den Ressourcen dazu – vor allem in der ärmeren Bevölkerung, die leider stetig wächst.

Unterschiede in den Lebensrealitäten

In so vielen Städten wird die Schere zwischen Arm und Reich deutlich sichtbar. Auf der einen Seite stehen die prachtvollen Hochbauten und Villen. Die Grundstücke sind eingezäunt und in der Garage parken teure Autos. Ein paar Meter weiter – einen Berg hinauf oder auf der anderen Stadtseite – tummeln sich Häuschen an Häuschen. Nichts ist mehr geordnet und steht gerade. Hauptsache ein paar Wände und ein Dach halten das Ganze stabil. Wer kann, macht es noch schön bunt. Wenn nicht, bleibt es im Rohbau.

Blick über Hafen, Strandpromenade und Stadt in Brasilien
Ein Überblick über Arraial do Cabo – eine Küstenstadt Brasiliens

Mit der Architektur verändert sich auch das Leben auf den Straßen. In Brasilien habe ich in Vierteln gewohnt, wo vor der Tür wirklich das Leben geschieht. Kinder spielen auf der Straße und bleiben dabei ganz simpel. Die Erwachsenen treffen sich draußen und sitzen beisammen. In der Nähe auf dem Fußballplatz jagen die Jungs einem Ball hinterher. Von überall ist Kindergeschrei und laute Musik zu hören.

Ein paar Straßen weiter biegen wir in ein anderes Viertel ein. Es ist plötzlich wie ausgestorben. Die Häuser werden immer größer und komplexer. Die Zäune werden immer dicker und sind vermehrt mit Sicherheitssystemen ausgestattet. Autos versperren uns immer häufiger den Weg. Die guten davon befinden sich sicher in der eingezäunten Garage. Niemand ist mehr draußen. Wir hören keine Kinder mehr. Wir sehen niemanden in den Fenstern. Musik ertönt von nirgendwo. An der einen oder anderen Straßenecke gibt es einen kleinen Kioskstand, an dem wir auf vereinzelte Personen treffen. Aber das war’s.

Entweder sind alle ausgeflogen und unternehmen etwas an diesem schönen Sonntag oder aber sie sitzen alle drinnen in ihrem Komfort mit ihren Gadgets. Die Kinder zieht es nicht mehr mit einem Ball vor die Tür, sondern vor die Spielkonsole. Die Eltern treffen sich nicht vor der Tür mit den Nachbarn, sondern verbringen ihren freien Tag am Handy oder vor dem Fernseher. Wer weiß, was der Fall ist. Klar ist, dass Welten zwischen diesen paar Straßen liegen.

Erstaunliches beim Flugzeug fliegen

Flugzeuge auf Landebahn vom Flughafen beim Boarding
Bereit für den Rückflug von São Paulo nach Deutschland

Jetzt aber wieder zurück ins Flugzeug. Ich sitze hier immer noch. So ein Langstreckenflug von 11 Stunden zieht sich ein Weilchen. Erstaunt bin ich immer noch … und kalt, denn die Klimaanlage pustet stark auf mich hinunter. Schaue ich mir die Zahlen an, kann ich es kaum glauben. Gute 10.000 m in der Höhe, bei einer Geschwindigkeit von fast 1000 km/h. 11.000 km vor uns bis zu unserer Destination und gute 500 Leute zusammengepfercht in einem länglichen Raum mit Flügeln. Vorne liegen diejenigen, die mehr Geld in der Tasche haben oder einfach nur Glück hatten. All die 45 Reihen dahinter sitzt das „Normalvolk“, das sich auf engem Raum zusammendrängt.

Die Crew läuft geschäftig durch die Reihen und versucht, es allen recht zu machen. So viele Kinder – beginnend bei 3 Monaten – sind um mich herum. Respekt an die Eltern, dass sie sich das trauen bei einem so langen Flug. Ich hatte selbst schon Respekt vor der Strecke, doch mit einem Kleinkind ist es eine ganz andere Herausforderung. An fast jedem Platz erhellen Bildschirme den Raum. Schon vor dem Start verlangen die meisten nach Unterhaltung. Willkommen in unserer Konsumgesellschaft, in der nicht einmal 5 Minuten mit Stille gefüllt sein können.

Ein paar Reihen vor mir schaut ein Mann eine amerikanische Sitcom. Dahinter spielt ein Junge wild Angry Birds. Im Anschluss ein Vater, der einen Avengers Film schaut und gleich neben mir erhasche ich Bilder einer Anwaltsserie. Ich weiß gar nicht, wohin ich schauen soll. Eigentlich hatte ich mich auf meinen Platz am Gang gefreut, damit ich zwischendurch die Beine ausstrecken kann. Doch der Gang ist so schmal, dass ich alle paar Minuten einen Arm oder Po ins Gesicht bekomme. 2 Reihen vor der Toilette ist viel Verkehr. Aber gut, ich wollte sparen und nicht extra einen Sitz reservieren. Also finde ich mich damit ab. Immerhin sind die Kinder in meinem Umfeld ganz zufrieden und ruhig.

Tee trinken am Flughafen vor dem Flug
Der letzte Tee auf brasilianischem Boden vor dem Abflug

Die erste Mahlzeit wurde auch schon verteilt. Genauso unglaublich. So hoch über den Wolken, mit so vielen Leuten auf engstem Raum und unter uns nur Ozean. Trotzdem gibt es eine Auswahl zwischen zwei warmen Speisen und sicherlich über 10 Getränken, darunter ebenfalls Alkohol. Das Flugzeugessen wird immer besser, auch geschmacklich. Einziger Nachteil: Nachdem nun alle gegessen und getrunken haben, wird es hier hinten rappelvoll. Die Schlange zur Toilette zieht sich schon durch 10 Reihen. So langsam neigt sich das Flugzeug. Der Pilot muss wohl etwas mehr aufs Gas drücken, um das Übergewicht hier hinten mitzuziehen.

Die Reise verarbeiten beim Flugzeug fliegen

Ich bin froh, wenn der Trubel eine Pause einnimmt und ich wieder alleine meinen Gedanken lauschen kann. Ich möchte bewusst kein Unterhaltungsprogramm. Ich schalte meinen Fernseher nicht an, um mich berieseln zu lassen. Ich lasse mich nicht von Musik in meinen Ohren beschallen. Nein, ich lausche einfach nur dem Turbinenrauschen und gebe mich meinen Gedanken hin. Ich habe einiges zu verarbeiten von den letzten Monaten und Erinnerungen aufzufrischen. Bei so vielen Abenteuern und Erfahrungen ist es schwierig, nicht etwas zu vergessen.

Ausblick vom CN-Tower auf Toronto
Mitten im Großstadtdschungel Torontos nach meiner USA Reise

Meine Reise startete in den USA, mit zwei Freundinnen entlang der Ostküste. Von dort ging es über die Niagara-Fälle nach Kanada, wo ich mich mit meinem Freund wiedervereint habe. Ganze 3 Monate haben wir in seiner Heimat verbracht. Ich habe Familie und Freunde sowie das kanadische Leben im Winter kennenlernen dürfen. Von der Umgebung habe ich ein wenig gesehen, wenn auch nicht ganz Kanada, denn das Land ist immens. Ich konnte Arbeitserfahrungen in meinem Praktikum sammeln und Ideen für meine berufliche Zukunft gewinnen.

Backpacking in Mexiko abgeschieden auf dem Land
Abschied nehmen von meinem Freund Arnold auf der Rundreise in Mexiko

Dann stand das nächste Abenteuer an: Backpacking durch Mexiko. Eine ganz intensive Zeit. Es war so anstrengend, wie es auch beeindruckend war. So viel ist in so kurzer Zeit geschehen. Im Anschluss ging es weiter nach Brasilien. Hier drosselten wir das Tempo ein wenig und das war genau das Richtige. Nach den vielen Städtetrips hielten wir uns vorwiegend auf Farmen auf und waren sogar mal ganz abgeschieden im Dschungel. Das war sicherlich nicht immer einfach, doch eine besondere Erfahrung. In den letzten 7 Monaten habe ich so viel erlebt und gesehen wie noch nie in so einem Zeitraum. Ich möchte gar nicht wissen, in wie vielen verschiedenen Betten ich geschlafen habe und wie oft ich meinen Backpack ein- und auspacken musste.

Reflektieren und dankbar sein

Ich weiß nur eins: Ich bin dankbar für jede Minute, selbst für die allerschwierigsten, die mir den Verstand und die Nerven geraubt haben. Denn die gehören dazu, vor allem, wenn man vom Leben lernen möchte. Die schwierigen Zeiten haben mich mehr gelehrt als die Tage, wo mal alles gut lief. Ich sage hier bewusst Tage, denn allzu reibungslose Wochen gab es nicht. Trotzdem freue ich mich das erste Mal auf Zuhause. Das ist irgendwie komisch für mich. Während meines Studiums war ich weniger daheim als in meiner Reisezeit, doch ich hatte auch gar keinen Drang dazu. Vermutlich war das Gefühl anders, weil ich mir mein eigenes neues Zuhause geschaffen hatte und vollständig in meinem Studien- und Arbeitsalltag integriert war.

Reflektieren in der Natur Kanadas am See
Reiseerlebnisse verarbeiten und durchatmen in der schönen Natur Kanadas

Jetzt steht ein neues Kapitel bevor, das ich mit all den wundersamen Erinnerungen im Gepäck beginne. Meine Reiseerfahrungen haben mich geprägt und lassen mich anders auf mein Leben blicken. Ich habe gelernt, was mir wichtig ist und wie ich meinen Alltag umgestalten möchte. Ich möchte ein wenig des Travel Spirits beibehalten. Ein offenes Mindset und Neugierde für andere Menschen und Kulturen sind besonders wichtig für mich. Auch daheim gibt es viel zu entdecken und schöne Momente auszukosten, mögen sie noch so klein sein.

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