Entwicklung gibt es immer und überall. Heutzutage hat das Thema Persönlichkeitsentwicklung nochmals an Bedeutung gewonnen. Schlagwörter wie Mental Health und Growth sind präsenter als noch einige Jahre zuvor. Das Ich und seine Gesundheit sind uns wichtig: Nicht nur die physische Gesundheit, sondern auch die psychische. Wir wollen uns schließlich nicht selbst im schnelllebigen Alltag und seinen unzähligen Möglichkeiten verlieren.
Oft hört man von den vermeintlichen Vorteilen des Reisens und eines Auslandsjahres. In der Schule wird uns angepriesen, dass ein Auslandsjahr uns unabhängiger macht und wir viel vom Leben lernen können. Viele brechen auf, um sich selbst zu finden und ihren Weg zu finden. Manch andere sind einfach nur scharf auf neue Abenteuer. Egal was die Hintergedanken sind, bestimmte Learnings gibt es beim Reisen immer.
Heute möchte ich dir einen Einblick in meine Geschichte geben. Ich möchte mit dir teilen, wie ich mich in meiner Kindheit und Jugend verhalten habe und was sich seitdem verändert hat. Kleiner Spoiler: Meine Auslandsreisen haben darauf einen großen Einfluss gehabt. Was denkst du: Wie und warum spielt das Reisen eine so große Rolle bei der Persönlichkeitsentwicklung?
Still und schüchtern in der Kindheit
Noch nicht immer war ich so weltoffen und abenteuerlustig. Zu Beginn meines Lebens haben mich viele Ängste und Unsicherheiten geprägt. Ich war ein sehr stilles und schüchternes Kind. Zuhause konnte ich zwar ohne Punkt und Komma sabbeln, doch sobald ich in einer Gruppe oder unter Fremden war, verstummte ich. In der Schule traute ich mich oft nicht, mich zu melden und habe viel Wert auf die Meinung anderer gelegt.
Auch im Alltag gab es so einige Hürden. Noch bis in meine Jugend hatte ich Probleme damit, ein Eis an der Theke zu bestellen oder meine Bestellung im Restaurant aufzugeben, weil mich die Kellner nie verstanden haben. Ich habe mich vor Telefonanrufen gesträubt und wollte nicht alleine zum Arzt gehen. Es gab vieles, was ich nicht alleine im Alltag bewältigen konnte oder wollte und daher immer meine Eltern vorschieben musste. Trotzdem war ich in anderen Bereichen schon sehr selbstständig und habe vieles alleine geregelt. Doch meistens nur, wenn direkte Kommunikation nicht dazugehörte.
Meine Stärken waren definitiv mein Ehrgeiz und meine Disziplin. Bereits in der Grundschule habe ich mir meine eigenen Regeln aufgestellt und mir hohe Ziele gesteckt. Gegen Ende meiner Schullaufbahn wurde das jedoch vielleicht auch zum Verhängnis. Ich habe mehr Zeit am Schreibtisch und bei der Arbeit verbracht, als mit meinen Freunden oder draußen. Ich bin sichtlich noch introvertierter geworden, da ich kaum noch sozialen Kontakt hatte. Ich habe meine Zeit alleine zu sehr genossen und mich gefreut, wenn ich so produktiv wie möglich sein konnte.
So ging es auch im Studium weiter, denn das hat mit dem ersten Corona-Lockdown begonnen und das soziale Leben stark eingeschränkt. Tatsächlich fand ich das damals gar nicht so schlimm, sondern sah vielmehr seine Vorteile. Meine Sichtweise hat sich dann aber doch geändert, als ich das 4. Semester wie eine richtige Studentin erleben konnte und das freie Studentenleben vollends genossen habe.
Meine Persönlichkeitsentwicklung durchs Reisen
Mein erster längerer Auslandsaufenthalt war direkt nach dem Abi und der zweite gegen Ende meines Studiums. Auch wenn diese beiden Reisen sehr unterschiedlich waren, haben sie sich beide äußerst positiv auf meine Persönlichkeitsentwicklung ausgewirkt. Sie waren ein richtiger Booster für viele meiner Unsicherheiten. Natürlich kam das nicht über Nacht, sondern mit der Bewältigung unzähliger Herausforderungen.
Durch meine Reisen bin ich noch selbstständiger und freier geworden. Ich brauche niemanden mehr, um meinen Alltag zu bewerkstelligen. Ich genieße den Kontakt mit Menschen viel mehr und scheue mich nicht mehr vor sozialen Events. Zwischendurch kommt es schon noch vor, dass es mich überfordert, unter vielen Menschen zu sein. Dann kommuniziere ich das offen und nehme mir Raum für mich selbst. Am nächsten Tag sieht die Welt wieder ganz anders aus.
Grundsätzlich bin ich offener geworden und komme einfacher mit Fremden ins Gespräch und traue mich, sie mehr zu fragen. Allerdings finde ich es in Deutschland immer noch schwieriger, da die Privatheitsgrenzen so viel enger sind.
Und wie sieht es mit meiner Lebenseinstellung aus? Die hat sich seit meiner letzten Reise fast um 180° gedreht. War ich vorher noch ziemlich verbissen und habe nur nach Effizienz und Produktivität gestrebt, lasse ich nun Ruhemomente zu. Ich habe erlebt, wie auslaugend und belastend das Leben sein kann und weiß heute, die richtigen Schalter zur richtigen Zeit zu ziehen. Ich muss mich nicht mehr schuldig fühlen, wenn ich eine Pause einlege und mal einen Tag nichts mache. Mein Körper braucht das und es ist wichtig, um gesund weiterzumachen. Zudem hat das Leben so viel zu bieten, was sich nicht vorkalkulieren lässt. Ich lasse das Leben viel lieber spontan und ungezwungen geschehen, ohne viele Pläne zu schmieden.
Warum hat das Reisen diese Entwicklungen bewirkt?
Spielen wir das Ganze einmal durch. Ich setze mich alleine in den Flieger, komme an einem unbekannten Ort an, muss mir eine Unterkunft suchen, meinen Weg durch die Straßen finden und Essen für den ganzen Tag finden. Schaffe ich das, ohne mit jemandem in Kontakt zu treten? Bekomme ich etwas zu essen, wenn mich niemand hören kann?
Klar, in Supermärkten gibt es immer häufiger Selbstbedienungskassen und Flüge und Unterkünfte kann man heute einfach online buchen. Doch was ist, wenn du kein Internet hast, dein Handy leer ist und du auch keine Karte in der Tasche hast? Wie findest du dich an einem völlig fremden Ort zurecht? Die Situation hatte ich schon häufig. Früher musste ich mich echt überwinden, jemanden nach dem Weg zu fragen. Heute mache ich das proaktiv, auch wenn ich Google Maps offen habe. Genauso verhält es sich, wenn ich Leuten begegne. Ich reise doch, um etwas über meine Mitmenschen und ihre Kulturen zu erfahren. Wenn ich jetzt nicht mit ihnen ins Gespräch komme, bekomme ich keinerlei neue Informationen. Also spreche ich, denn ich bin zu neugierig und wissbegierig, um ohne neue Erkenntnisse nach Hause zurückzukehren.
Denke ich nun noch an meine Vorreisezeiten zurück, sehe ich mich überschüttet mit Arbeit. Für einen gewissen Zeitraum ist das in Ordnung, vor allem mit einem Ziel vor Augen: der Finanzierung einer Auslandsreise. Doch auf Dauer ist das gar nicht gesund. Das habe ich auf meinen Reisen zu spüren bekommen. Ich konnte endlich wieder das Leben zulassen und die freien Momente genießen. Ich habe tagtäglich neue Abenteuer erlebt und mich vom Leben inspirieren lassen. Ich musste nicht den ganzen Monat im Voraus planen, denn das klappt sowieso nicht. Aus meiner Komfortzone herausgetreten, konnte ich so vieles erleben, an das ich mich noch lange erinnern werde und stolz auf mich sein werde.
Wie gestalte ich mein Leben jetzt?
Eine Sache ist, seine Reisen zu genießen und vollständig im Travel Spirit aufzugehen. Eine andere Sache ist, dieses Mindset auch noch zuhause in der Alltagsroutine beizubehalten. Wenn der gewohnte Alltag wieder zurückkommt und einen droht, zu erschlagen, kann die vorherige Persönlichkeitsentwicklung schnell wieder rückwirkend werden. Das habe ich teilweise nach meiner 1. Reise erfahren, doch davon gelernt. Nach meiner 2. Reise habe ich mir das bewusst anders vorgenommen.
Wie also spüre ich noch die Reiseauswirkungen? Ich bin entspannter und ausgeglichener geworden. Ich zerbreche mir nicht mehr den Kopf, bevor Dinge geschehen. Lieber mache ich sie einfach und schaue dann. Grenzüberschreitungen sind für mich immer noch wichtig. Trotzdem versuche ich nicht zu viel über sie nachzudenken, denn das macht es einem nur schwerer. Denn auch wenn ich nicht mehr so schüchtern bin wie zuvor, im Rampenlicht brauche ich nicht die ganze Zeit stehen.
Besonders an meinen sozialen Kompetenzen merke ich eine Bereicherung. Ich schätze soziale Kontakte sehr viel mehr und scheue mich weniger vor dem Menschenkontakt. Ich versuche mehr Gespräche aufzubauen und mich in Gruppengesprächen zu integrieren. Zwar genieße ich zwischendurch noch Zeit alleine – vor allem, wenn ich einiges zu erledigen habe, denn das geht einfach besser in Ruhe. Doch auch dabei achte ich darauf, mir gesunde Pausen zu nehmen und mich nicht wie zuvor zu überarbeiten. Ich hege mehr nach langfristigem Wohlergehen und Gesundheit, als alles für eine kurze Phase Glücklichkeit aufs Spiel zu setzen.
Zu guter Letzt bin ich sehr problemlösungsorientiert geworden. Wenn das Leben nicht nach Plan läuft – wie es viel zu oft geschieht –, wird eben umgedacht und eine Lösung gefunden. Es bringt nichts, sich davon unterkriegen zu lassen und zu verzweifeln. Am Ende war es sogar noch ein Segen und die Alternativplanung stellt sich als die bessere heraus.
Fazit
Das Reisen hat mich selbstständiger, offener, freier und kommunikativer gemacht. Ich habe gelernt, das Leben ungezwungen anzugehen und von ihm zu lernen, als mich schmerzlich in ihm einzufügen. Meine Schüchternheit habe ich überwunden und kann nun überall ein Eis bestellen. Soziale Kontakte laugen mich nicht mehr aus, sondern bereichern mich – in der Fremde und daheim.
Das war meine Reise meiner bisherigen Persönlichkeitsentwicklung. Vielleicht findest du dich in dem ein oder anderen Punkt wieder. Womöglich hast du aber auch noch ganz andere Erfahrungen gemacht. Das hoffe ich, denn jeder Mensch ist ganz individuell und so auch seine Entwicklung. Wichtig finde ich, seine Erfahrungen zu teilen, denn wir können so viel von einander lernen und uns gegenseitig inspirieren und ermutigen. Wenn dir also etwas auf dem Herzen liegt, fühl dich frei und teile es in den Kommentaren. Ich bin gespannt, was du zu berichten hast und lasse mich gerne davon inspirieren!
Auf meinem Instagram steht das Thema Persönlichkeitsentwicklung und Reisen ganz oben. Hast du Lust auf mehr Inspiration? Dann schau dort vorbei und lass uns den Weg zusammen gehen!